Freitag, 13. Juni 2003

BÖSE BLOGGER! BÖSE, BÖSE, BÖSE!

Wie Blogger die Chefs der «New York Times» stürzten Es geht die Legende um, das Internet hätte zum Rücktritt der «New York Times»-Chefredakteure geführt. Das «Online Journalism Review» hat den Einfluss von Weblogs untersucht.US-Medienjournalist Mark Glaser hat für das «Online Journalism Review» der Universität USC Annenberg die Umstände untersucht, die zum Rücktritt der New York Times-Chefredakteure führten. Die britische Zeitung «Sunday Times» etwa schrieb den Rücktritt der beiden «New York Times»-Chefs direkt der Weblog-Gemeinde zu und titelte: «Das schnelle Gift der Blogger bringt Chefredakteur zu Fall».

Massiven Druck ausgeübt Doch wie groß war der Einfluss tatsächlich? Brachte das Internet den «New York Times»-Chefredakteur Howell Raines und seinen Stellvertreter Gerald Boyd zu Fall? Glaser untersuchte vor allem, welche Rolle die für die rasante Verbreitung von Nachrichten und Gerüchten bekannte Weblog-Community bei der Affäre spielte. Das Fazit des Medienjournalisten: Das Internet war zwar nicht ausschlaggebend am Sturz der NYT-Chefs beteiligt, sorgte aber mindestens dafür, dass der Druck auf Boyd und Raines über einen Monat nach Bekannt werden der Affäre um Lügen-Reporter Blair aufrecht erhalten wurde. So veröffentlichte die Mediengerüchte-Site «Romenesko» diverse E-Mails von wütenden «New York Times»-Redakteuren, die diese aus internen Memos und Beobachtungen auf Mitarbeitertreffen zusammengestellt hatten.

Guter Riecher für Unkorrektheiten Howard Rheingold, der Urvater der «virtuellen Gemeinschaft», sagte gegenüber Medienjournalist Glaser, das Internet und alle an es angeschlossenen Geräte könnten nun zur «weltweiten Druckerpresse» werden. Allerdings: Irgendwer muss die Botschaften auch finden. Per Google ist dies jedoch kein Problem. Und da sind Blog-Einträge, so betonen Weblog-Schreiber, durch die gute Verlinkung oft vorne dabei. Ob die Weblog-Gemeinde Boyd und Raines tatsächlich stürzten, weiß nur das Management der «New York Times». Der Fall Blair wäre ohne sie aber schneller vergessen worden.

[quelle: netzeitung.de]